(Hyper-)Texte
Anregende Zusätze
Das Optimum an anregenden Zusätzen ist abhängig von den drei zuvor aufgeführten Verständnismerkmalen. Sofern ein Text gut gegliedert ist, tragen anregende Zusätze zum Verständnis bei und gelten als motivationsförderlich. Ist der Text hingegen unzureichend gegliedert, können sich derartige Zusätze auch als lernhinderlich erweisen. Zu viele anregende Zusätze sind zudem mit dem Merkmal Kürze Prägnanz unvereinbar. Daher sollte auch hier ein Mittelweg gewählt werden, d.h. es sollten nicht zu viele und nicht zu wenige anregende Zusätze enthalten sein.
Anregende Zusätze
Anregende Zusätze stellen zum Beispiel interessante Exkurse dar oder aber persönliche, abwechslungsreiche und unerwartete Geschichten (vgl. Schank, 1979). Auch das direkte Ansprechen des Lesers, Ausrufe sowie rhetorische Fragen zum Mitdenken sind hier zu nennen.
Keine anregenden Zusätze
Im Gegensatz dazu enthalten Texte ohne anregende Zusätze keinerlei lebensnahe Beispiele, direkte Ansprachen des Lesers oder witzige Formulierungen, um Interesse und Lust am Lesen zu fördern. Derartige Texte wirken oft nüchtern, unpersönlich und farblos.
Bezug zum Kohärenzprinzip
Anregende Zusätze als Verständnismerkmal lassen sich mit dem Personalisierungsprinzip als auch dem Kohärenzprinzip der CTML in Verbindung bringen. Letztgenanntes Prinzip besagt, dass bessere Lernleistungen erzielt werden, wenn auf zusätzliches Lernmaterial (extraneous material) verzichtet wird, welches man zur Erreichung der Lernziele nicht zwingend benötigt (Mayer, 2005d). Solche zusätzlichen Lernmaterialien gelegentlich auch als emotional interessante Materialien bezeichnet (Harp und Mayer, 1997) können beispielsweise interessante Geschichten, Bilder oder auch Hintergrundmusik in der multimedialen Lernumgebung darstellen, die für das Verständnis des eigentlichen Lernstoffes entbehrlich sind.
Seductive detail Effekt
Innerhalb der Textforschung wird der lernhinderliche Effekt durch das Hinzufügen interessanter, aber für das eigentliche Thema irrelevanter oder unwichtiger Zusätze als seductive detail Effekt bezeichnet (Schraw und Lehman, 2001).
Erklärungsansätze
Zum seductive detail Effekt existieren zahlreiche Erklärungsansätze (z.B. Harp und Mayer, 1998; Lehman, Schraw, McCrudden und Hartley, 2007), die in einzelnen Studien alle zumindest partiell empirisch gestützt werden:
- Überlastung des Arbeitsgedächtnisses: Innerhalb der CTML wird der Effekt meist durch das begrenzte Arbeitsgedächtnis erklärt, welches durch die ergänzenden Inhalte leicht überlastet werden kann. Dadurch fehlen kognitive Ressourcen zur Beschäftigung mit den Kerninhalten, die in der Folge zu einer Verständnisreduktion führen können (Mayer, 2005d; Mayer, Griffith, Jurkowitz und Rothman, 2008).
- Aktivierung unpassender Schemata: Ein anderer Ansatz nimmt die Aktivierung unpassender Schemata durch seductive details an. Durch die Organisation des Lernmaterials anhand dieser inadäquaten Schemata würden sich reduzierte Lernleistungen bei den Lernenden einstellen.
- Aufmerksamkeitsablenkung: Bei dieser Begründung zum seductive detail Effekt wird argumentiert, dass seductive details die Aufmerksamkeit des Lernenden von den Kerninhalten weglenken und somit schlechtere Lernleistungen bedingen.
- Beeinträchtigung der Textkohärenz: Diese Erklärung postuliert, dass seductive details die Textkohärenz (d.h. den Zusammenhang des Textes) beeinträchtigen und dadurch die Lernleistung sinke. Dieser Effekt kann mit dem Kohärenzprinzip von Mayer (2003) in Verbindung gebracht werden. Towler (2009) vermutet hingegen, dass das Aufbrechen der Textkohärenz durch seductive details nur die Behaltensleistung reduziere, die Transfer- und Problemlösefähigkeiten jedoch verbessere. Seductive details würden ihrer Meinung nach eine oberflächliche Verarbeitung verhindern und stattdessen eine aktive Auseinandersetzung mit den Lerninhalten fördern.
- Aufmerksamkeitskontrolle: Nach der Erklärung von Sanchez und Wiley (2006) werden nur Lerner von seductive details negativ beeinträchtigt, welche ihre Aufmerksamkeit schlecht kontrollieren können. Diesen Personen fällt es schwer sowohl auf relevante Informationen zu fokussieren als auch irrelevante zu ignorieren.