Einleitung
Die meisten Menschen, die sich mit dem Thema E-Learning beschäftigen, sind wohl primär an der Gestaltung elektronischer Lernmaterialien interessiert. Beispielsweise geht es um die Frage, wie man (Hyper-)Texte, Bilder und Animationen in einer Lernumgebung besonders geschickt einbinden kann. Ebenso können Überlegungen angestellt werden, wie eine Computersimulation zu einem bestimmten Thema zu gestalten ist. Die nachfolgenden Webseiten stellen zu diesen Fragen erste Gestaltungsempfehlungen vor. In diesem Zusammenhang sind zwei Aspekte zu beachten:
- Trotz der aufgeführten Hinweise werden sie bei der Ausarbeitung ihrer Lernmaterialien sehr häufig Entscheidungen treffen müssen, zu denen keinerlei Empfehlungen vorliegen. Ohne derartige "Bauchentscheidungen" werden Sie nicht auskommen!
- Die aufgeführten Empfehlungen sind keinesfalls dogmatisch zu verwenden (vgl. Mayer und Johnson, 2008), sondern sollten mit Bedacht berücksichtigt werden! Zahlreiche Variablen wie zum Beispiel Lernereigenschaften können die genannten Gestaltungsrichtlinien moderieren. Oder wie Schnotz (2009) und Mayer (siehe Veronikas und Shaughnessy, 2005) es formulieren würden: "It depends."
Definition: Design- und Gestaltungsempfehlungen
Die Begriffe Design- und Gestaltungsempfehlungen werden auf diesen Webseiten synonym verwendet. Diese Empfehlungen beschreiben, wie multimediale Lernumgebungen zu gestalten sind, um den Lernprozess bestmöglich zu unterstützen (z.B. Mayer, Moreno, Boire und Vagge, 1999).
Definition: Regeln, Richtlinien, Effekte oder Prinzipien der Gestaltung
Derartige Empfehlungen werden in der Literatur auch als Regeln, Richtlinien, Effekte oder Prinzipien der Gestaltung bezeichnet, ohne diese Begriffe klar voneinander abzugrenzen (z.B. Mayer, 2005b). Während einige Autoren diese Bezeichnungen zum Teil explizit synonym verwenden (z.B. Baecker, Grudin, Buxton und Greenberg, 1995), weisen andere darauf hin, dass Gestaltungsprinzipien allgemeiner und weit reichender als Gestaltungsregeln oder -richtlinien seien (Preece et al., 1994; Shneiderman, 1997). Johnson und Nemetz (1998) hingegen grenzen Gestaltungsprinzipien von den anderen Konstrukten durch die stärkere theoretische Verankerung und die größere Anzahl an stützenden empirischen Belegen ab. Die auf den nachfolgenden Webseiten aufgeführten Design- und Gestaltungsempfehlungen werden nach Ermessen des jeweiligen Forschers als Regel, Richtlinie, Effekt oder Prinzip benannt und nicht in Abhängigkeit der oben aufgeführten Differenzierungsmöglichkeiten (Allgemeinheitsgrad, theoretische Verankerung, empirische Belege) verwendet. Da sich die Konstrukte mutmaßlich auch mit Hilfe dieser Unterscheidungsmöglichkeiten auf einem Kontinuum befinden (vgl. Shneiderman, 1997) und nur schwer voneinander abgrenzen lassen, werden die genannten Konzepte daher nachfolgend synonym benutzt.
Definition: Usability
Die Begriffe Design- und Gestaltungsempfehlungen sind vom Begriff der Gebrauchstauglichkeit (usability) oftmals auch als Benutzerfreundlichkeit bezeichnet zu unterscheiden. Diese kann definiert werden als "das Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und mit Zufriedenheit zu erreichen" (DIN EN ISO 9241-11). Gebrauchstauglichkeit ist somit deutlich allgemeiner gefasst und fokussiert auf die Benutzung eines Produktes, während bei den Design- und Gestaltungsempfehlungen nicht primär die Benutzung hier der Lernumgebung sondern der Lernprozess hinsichtlich der zu vermittelnden Inhalte im Vordergrund steht.
Auswahl der Empfehlungen
In der Literatur finden sich unzählige Empfehlungen zur Gestaltung von E-Learning Umgebungen. Manche, wie beispielsweise die Empfehlung, von Walt Disney zu lernen (Weir und Heeps, 2003), erscheinen amüsant. Andere hingegen, wie zum Beispiel der Hinweis bezüglich der Farbkonvention, denen zur Folge schwarze Farbe mit dem Tod assoziiert sei (Weir und Heeps, 2003), wirken wohl eher befremdlich. Im Gegensatz zu derartigen Gestaltungsrichtlinien, die zumeist auf der Erfahrung einzelner Designer basieren, wurden die nachfolgend dargestellten Empfehlungen nach drei Kriterien ausgewählt (vgl. Mayer, 2005b):
- Theoretische Fundierung: Die vorgestellten Gestaltungshinweise basieren auf Theorien zum multimedialen Lehren und Lernen oder anderen psychologischen Lerntheorien.
- Empirische Bewährung: Die aufgeführten Gestaltungsprinzipien haben sich empirisch in mehreren experimentellen Untersuchungen oder anderen Studien hinsichtlich ihrer Lernwirksamkeit bewährt. Liegen konträre Befunde zu den aufgeführten Empfehlungen vor, werden diese sofern mir bekannt mit angegeben.
- Praktische Relevanz: Die skizzierten Empfehlungen sind für die Gestaltung von E-Learning Umgebungen von praktischer Relevanz. Sie sollen dazu beitragen, die Lernleistungen in multimedialen Lernumgebungen zu verbessern.
Überblick
Im Folgenden werden ausgewählte Gestaltungsempfehlungen erörtert. Dabei wird zunächst die entsprechende Empfehlung aufgeführt und erläutert. Im Anschluss folgen Bezüge zu ähnlichen Gestaltungsrichtlinien sowie theoretische Erklärungsansätze bzw. Begründungen zur Wirkungsweise der Designempfehlung. Empirische Belege schließen sich an, welche die vorgestellte Regel stützen, bisweilen aber auch in Frage stellen. In manchen Fällen werden ausgewählte Kritikpunkte an der jeweiligen Gestaltungsempfehlung bzw. den dazugehörigen empirischen Befunden skizziert.