Berücksichtigung von Lernereigenschaften
Vorübungsprinzip
Definition: Vorübungsprinzip
Nach dem Vorübungsprinzip aus der CTML und CATLM erlangen Lernende ein tieferes Verständnis von einem multimedial dargebotenen Inhalt, wenn sie die Namen und Charakteristika der zentralen Konzepte kennen (Mayer, 2005c). Zum Beispiel könnte man vor der Präsentation einer Animation, welche einen komplexen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang visualisiert, die einzelnen Teilelemente benennen und deren mögliches Verhalten erläutern. Dies wird auch als strategic scaffolding bezeichnet. Eine andere Möglichkeit stellt das sogenannte pictorial scaffolding dar, bei dem im Vorfeld der dargebotenen Animation unterstützende Illustrationen zum Einsatz kommen (Mayer, Mautone et al., 2002).
Erklärungsansatz
Erklärt wird der lernförderliche Effekt damit, dass man den Lerner mit Vorwissen ausstattet (vgl. hier), welches eine kognitive Überlastung der beiden Subsysteme des Arbeitsgedächtnisses reduziert. Folglich stehen mehr kognitive Ressourcen für eine intensivere Beschäftigung mit dem Aufbau eines mentalen Modells zur Verfügung; die Verständnisleistung erhöht sich. Das Vorübungsprinzip ähnelt somit dem Modalitätseffekt und dem Segmentierungsprinzip, da in beiden Fällen versucht wird, die zwei Subsysteme des Arbeitsgedächtnisses durch Gestaltungsmaßnahmen der Lernmaterialien zu entlasten (Mayer, 2005c). Wie bei dem Segmentierungsprinzip kann kritisiert werden, dass die mit dem Lernmaterial verbrachte Zeit nicht immer als Kovariate berücksichtigt wird.
Empirische Belege
Die Beachtung des dargestellten Prinzips führt in mehreren experimentellen Studien zu besseren Lernleistungen (Mayer, Mathias und Wetzell, 2002; Mayer, Mautone et al., 2002; Pollock, Chandler und Sweller, 2002).
Effekt der Isolation interagierender Elemente
Definition: Effekt der Isolation interagierender Elemente
Der Effekt der Isolation interagierender Elemente aus der CLT bezeichnet den lernförderlichen Effekt, der durch Isolation von Lernelementen hoher Aufgabenkomplexität zustande kommt (Sweller, 2004). Dieser Effekt scheint nur bei Novizen aufzutreten, während Experten mit komplexen Lernkonzepten auch ohne Isolation der einzelnen Elemente zurechtkommen. Vermutlich verfügen Experten schon über die für das Verständnis notwendigen Schemata, die ihnen den Umgang mit der Aufgabenverarbeitung erleichtern.
Erklärungsansatz
Nach diesem Effekt können komplexe Lernmaterialien mit hoher Elementinteraktivität das Arbeitsgedächtnis des Lernenden überfordern. Um dies zu verhindern, sollten derartige Materialien zunächst in isolierter Form dargeboten werden, um eine serielle anstelle einer simultanen und damit überfordernden Verarbeitung zu ermöglichen (vgl. das Segmentierungsprinzip). Zudem wird hierdurch der Aufbau von basalen Schemata gefördert. Die einzelnen Teilelemente werden dann in einem zweiten Schritt sukzessive integriert. Somit wird dem Lernenden das komplexe Zusammenspiel dieser Elemente aufgezeigt (Kalyuga, 2005).
Empirische Belege
Bisherige empirische Untersuchungen bestätigen den postulierten Effekt (Mayer und Chandler, 2001; Pollock et al., 2002).
Imaginationseffekt
Definition: Imaginationseffekt
Der Imaginationseffekt aus der CLT bezeichnet die lernförderliche Wirkung, die sich durch Imagination bereits gelernter Arbeitsschritte ergibt (Sweller, 2002). Der Lernende durchläuft das erworbene Verfahren dabei mental bzw. visualisiert die zuvor einstudierte Vorgehensweise im Arbeitsgedächtnis. Im Unterschied zum Effekt der Isolation interagierender Elemente, der lediglich bei Novizen in Erscheinung tritt, zeigt sich der Imaginationseffekt nur bei Experten, die bereits über Schemata zum jeweiligen Lerngegenstand verfügen.
Erklärungsansatz
Nach dem Erklärungsansatz zum Imaginationseffekt kommt es bei Experten durch die mentale Verbildlichung zur Automatisierung der vorhandenen Schemata. Bei Novizen stellt sich durch Imagination der Instruktionsmaterialien eher ein gegenteiliger Effekt ein (vgl. Expertise-Umkehr-Effekt).
Empirische Belege
Auch der Imaginationseffekt erfährt experimentelle Stützung (G. Cooper, Tindall-Ford, Chandler und Sweller, 2001; Ginns, Chandler und Sweller, 2003; Leahy und Sweller, 2005).