Cognitive Load Theorie
Messmethoden
Physiologische Indikatoren
Physiologische Messverfahren nehmen an, dass Veränderungen in der kognitiven Belastung sich in physiologischen Kennwerten widerspiegeln (Sweller et al., 1998). Dabei werden Veränderungen folgender Parameter gemessen (Roskam et al., 2002; Sweller et al., 1998; vgl. auch Van Gog, Kester, Nievelstein, Giesbers und Paas, 2009):
- Atmung
- Augenaktivität (z.B. Augendilatation, d.h. Ausdehnung der Augen, Fixatio-nen und Sakkaden, d.h. Blickfokussierungen und Blickwechsel, Wimpern-schläge usw.)
- Blutdruck
- Gehirnaktivität (z.B. EEG, ERP)
- Hautleitfähigkeit
- Herzrate und deren Variabilität
- Hormonhaushalt (z.B. Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol)
Sensitivität und Diagnostizität
Die verschiedenen Verfahren zur Messung des Cognitive Load werden in der Literatur zumeist hinsichtlich ihrer Sensitivität und Diagnostizität miteinander verglichen (O'Donnell und Eggemeier, 1986; Verwey und Veltman, 1996):
- Sensitivität: Sensitivität bezeichnet in diesem Zusammenhang, ob und wie gut das Mess-verfahren unterschiedliche Ausprägungen kognitiver Belastung voneinander unterscheiden kann.
- Diagnostizität: Diagnostizität bezieht sich hingegen in diesem Kontext auf das Ausmaß, ob und wie gut das Messverfahren verschiedene Arten des Workload differenzieren kann (Verwey und Veltman, 1996).
Bewertung verschiedener Messverfahren
Grundsätzlich sind aufgaben- und leistungsbasierte Indikatoren sowie subjektive Ratingskalen hinsichtlich der Sensitivität und Diagnostizität physiologischen Indikatoren bei der Messung des CL überlegen (Casali und Wierwille, 1984; Hicks und Wierwille, 1979; Paas, Tuovinen, Tabbers und Van Gerven, 2003; Roskam et al., 2002; Sweller et al., 1998; Verwey und Veltman, 1996).
Physiologische Messverfahren sind wenn überhaupt nur für Messungen der kognitiven Belastung über längere Zeitintervalle geeignet, während sie Workload-Spitzen in besonders belastenden Situationen nicht präzise abbilden können (Roskam et al., 2002). Zudem ist der Aufwand bei physiologischen Messungen zum Teil deutlich größer als bei aufgaben- bzw. leistungsbasierten Indikatoren und Ratingskalen. Daher sollte meiner Meinung nach auf physiologische Indikatoren bei der Erfassung des CL in der E-Learning Forschung eher verzichtet werden.
Aber auch bei den anderen Verfahren ergeben sich Probleme bei der Messung der kognitiven Belastung. So ist die erfasste Leistung der Lernenden schon allein deshalb nicht mit dem CL gleichzusetzen, da eine höhere aufgabenbasierte Belastung (mental load) durch eine Erhöhung der lernerbasierten Anstrengung (mental effort) kompensiert werden kann (siehe hierzu: kompensatorische Anstrengung; z.B. Gaillard, 1992; Hockey, 1979, 1993). Bei den subjektiven Verfahren zeigen sich mitunter Schwächen bezüglich des Kriteriums der Diagnostizität. NASA-TLX und RSME (siehe oben) schneiden bei den Ratingskalen besonders gut im Vergleich zu den anderen subjektiven Indikatoren bei den oben aufgeführten Kriterien ab (Hill et al., 1992; Verwey und Veltman, 1996).
Zusammenfassende Bewertung
Zusammenfassend bietet sich bei der Messung des Cognitive Load eine Kombination aus aufgaben- und leistungsbasierten Indikatoren sowie subjektiven Ratingskalen an, wobei aus oben genannten Gründen besonders der NASA-TLX oder der RSME Anwendung finden sollte. Auch die Messung nach Paas (1992) erscheint aufgrund der guten Reliabilitätswerte (Maß für die Zuverlässigkeit bzw. Genauigkeit der Messung) und vorhandenen Kriteriumsvalidität (Maß für die Übereinstimmung des Testergebnisses mit anderen Kriterien, die das Merkmal ebenfalls erfassen) geeignet (Van Gog und Paas, 2008).