Cognitive Load Theorie
Arbeits- und Langzeitgedächtnis
Als zentrale kognitive Strukturen nimmt die CLT ein Arbeits- und ein Langzeitgedächtnis an und beschreibt das Wechselspiel zwischen diesen beiden (Sweller, 2005a).
Langzeitgedächtnis
Das Speichervermögen des Langzeitgedächtnisses wird dabei wie in zahlreichen Gedächtnismodellen (z.B. Solso, 2004) als sehr groß erachtet. Für das Langzeitgedächtnis postuliert die CLT, dass sämtliche dort gespeicherten Informationen erlernt worden sind. Lernen wird als Veränderung im Langzeitgedächtnis definiert. Hinsichtlich des Langzeitgedächtnisses ist das übergeordnete Ziel bei der Gestaltung von Lernmaterialien entsprechende Veränderungsprozesse im Langzeitgedächtnis zu fördern. Die genauen Ziele werden hier thematisiert.
Arbeitsgedächtnis
Im Gegensatz zum Langzeitgedächtnis sind die im Arbeitsgedächtnis befindlichen Informationen Menschen bewusst (Sweller, 2002). Informationen können aus zwei Speichersystemen ins Arbeitsgedächtnis gelangen. Entweder aus dem Langzeitgedächtnis, sofern es sich um zuvor gelerntes Material handelt, oder bei neuen Informationen aus dem sensorischen Speicher. Neue Informationen müssen jedoch nur dann bewusst im Arbeitsgedächtnis verarbeitet werden, bevor sie ins Langzeitgedächtnis gelangen können, wenn es sich um sekundäres biologisches Wissen handelt (Wong et al., 2009). Dieses Wissen kann vom primären biologischen Wissen abgegrenzt werden (vgl. Geary, 2007):
Primäres versus sekundäres biologisches Wissen
- Primäres biologisches Wissen: Dieses Wissen wird nicht bewusst gelernt, sondern kann relativ einfach und automatisiert aufgenommen werden. Beispiele hierfür sind der Erwerb der Muttersprache, das Erkennen menschlicher Gesichter oder das Erlernen grundlegender sozialer Interaktionen. Die CLT bezieht sich vornehmlich nicht auf diese Form des Wissens, sondern auf das sekundäre biologische Wissen (Wong et al., 2009).
- Sekundäres biologisches Wissen: Unter sekundärem biologischen Wissen versteht man das Wissen, welches bewusst und mühevoll erlernt werden muss. Der Erwerb der Schriftsprache oder das Erlernen, mathematische Gleichungen zu lösen, sind in diesem Zusammenhang anzuführen. Derartiges Wissen wird zumeist in Schulen und anderen Ausbildungsstätten vermittelt (Sweller, 2009).
Beschränkungen des Arbeitsgedächtnisses
Das Arbeitsgedächtnis unterliegt zwei zentralen Beschränkungen, sofern neue Informationen aus dem sensorischen Speicher verarbeitet werden sollen (z.B. Sweller, 2009):
- Begrenzung der Verarbeitungsmenge: Erstens kann das Arbeitsgedächtnis nur eine begrenzte Menge an Informationen gleichzeitig verarbeiten. Während Miller (1956) noch von sieben plus/minus zwei Informationselementen ausging, die im Kurzzeitgedächtnis bereitgehalten werden können, wurde diese Zahl innerhalb der CLT auf maximal zwei bis vier Elemente reduziert, die zeitgleich kombiniert, kontrastiert oder manipuliert werden können (Sweller, 2004, 2005a). Andere Publikationen zur CLT nennen hingegen drei bis fünf Informationselemente (z.B. Ayres und Paas, 2009).
- Zeitliche Begrenzung: Zweitens ist das Arbeitsgedächtnis zeitlich begrenzt. Man vermutet aufgrund empirischer Untersuchungen (z.B. Peterson und Peterson, 1959) den Verlust sämtlicher Inhalte des Arbeitsspeichers innerhalb von 20 bis 30 Sekunden, wenn die Informationen nicht wiederholt werden (vgl. z.B. Kirschner, P. A. et al., 2006).
- Video 7: Video zu den Themen Cognitive Load, Begrenzung der Verarbeitungsmenge und Schemata.
Definition: Verständnis
Bezüglich des Arbeitsgedächtnisses sei für die Gestaltung von Lernmaterialien von zentraler Bedeutung, beide Einschränkungen des Arbeitsspeichers zu überwinden. In der Cognitive Load Theorie wird dementsprechend Verständnis definiert als Fähigkeit, die zu verstehenden Informationselemente simultan im Arbeitsgedächtnis verarbeiten zu können (Sweller, 2005a).