Kognitive Theorie multimedialen Lernens
Kognitive Prozesse
In der CTML werden fünf verschiedene kognitive Prozesse voneinander unterschieden, die beim Lernen in einer multimedialen Lernumgebung auftreten können (Mayer und Moreno, 2003). Diese beinhalten die Selektion von relevanten Wörtern und Bildern (images), die Organisation der ausgewählten Wörter und Bilder sowie die Integration des verbalen und bildhaften mentalen Modells mit dem Vorwissen des Lernenden (Abbildung 10). Dabei müssen die im Folgenden beschriebenen Prozesse nicht in linearer Folge auftreten, sondern können in zahlreichen Iterationen (Wiederholungen) durchlaufen werden. Typischerweise spielen sich diese kognitiven Prozesse laut Mayer (2005a) für jeden Teilabschnitt innerhalb der multimedialen Botschaft erneut ab.
Fünf verschiedene kognitive Prozesse
- Auswahl von Wörtern: Mit der Auswahl von Wörtern ist gemeint, dass der Lernende seine Aufmerksamkeit auf die relevanten Wörter innerhalb des multimedialen Lernmaterials richtet, um eine erste auditive Repräsentation innerhalb des Arbeitsgedächtnisses zu erzeugen (Abbildung 10). Dieser Prozess kann sowohl durch die Präsentation eines gesprochenen als auch eines gedruckten Textes initiiert werden (Mayer, 2005a), sofern der Lernende den gedruckten Text in eine auditive Repräsentation überführt. Die Fokussierung auf bestimmte Teile des Lernmaterials wird durch die begrenzte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses notwendig. Dabei ist die Auswahl nicht willkürlich, sondern der Lernende steuert den Prozess aktiv, um eine kohärente mentale Repräsentation des Sachverhaltes konstruieren zu können.
- Auswahl von Bildern: Auch bei der Bildauswahl (selecting images) wird von einer Fokussierung der Aufmerksamkeit ausgegangen, wobei sich diese auf die relevanten Bilder innerhalb des Lernmaterials bezieht, um eine visuelle Repräsentation im Arbeitsgedächtnis zu generieren (Abbildung 10). Wie bei der Wortauswahl erfordert die begrenzte Arbeitsgedächtniskapazität die Selektion einzelner Bildelemente, die durch den Lernenden aktiv ausgewählt werden, zum Aufbau einer kohärenten mentalen Repräsentation.
- Organisation von Wörtern: Die Organisation von Wörtern bezieht sich auf den Aufbau von Verbindungen zwischen den ausgewählten Wörtern, um ein kohärentes verbales Modell wie zum Beispiel einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang im Arbeitsgedächtnis ausbilden zu können (Mayer, 2003). Dieser im auditiven Kanal stattfindende Prozess unterliegt ebenso wie die zuvor aufgeführten Selektionsprozesse dem Einfluss von Kapazitätsbeschränkungen des Arbeitsgedächtnisses. Dadurch muss der Lernende sich auf die Erstellung eines relativ einfachen verbalen Modells beschränken.
- Organisation von Bildern: Bei der Organisation von Bildern (organizing images) findet ein Verknüpfungsprozess zwischen ausgewählten Bildern statt, um ein kohärentes bildhaftes Modell zu generieren (Mayer und Moreno, 2003). Der im visuellen Kanal ablaufende Prozess unterliegt den Beschränkungen des Arbeitsgedächtnisses, sodass auch hier eine aktive Beschränkung auf die Entwicklung eines einfachen visuellen Modells durch den Lernenden stattfinden muss.
- Integration: Der fünfte kognitive Prozess beschreibt den Aufbau von Verbindungen zwischen den verbalen und piktorialen Modellen sowie dem Vorwissen des Lernenden aus dem Langzeitgedächtnis (Mayer, 2003). Dieser integrative Prozess stellt nach Mayer (2005a) wahrscheinlich den entscheidenden Schritt beim multimedialen Lernen dar. Er kann sowohl im visuellen als auch im verbalen Arbeitsgedächtnis stattfinden und macht eine Koordination zwischen beiden erforderlich. Um durch diesen extrem anspruchsvollen Prozess nicht kognitiv überlastet zu werden, kann der Lernende sich sein Vorwissen zunutze machen, um den Integrationsprozess zwischen den beiden mentalen Modellen koordinieren zu können (Mayer, 2005a).