Pauschale Vergleiche
Forschungsstand
Inkonsistente empirische Befundlage
Trotz der genannten mannigfaltigen Probleme, die sich bei einem Pauschalvergleich zwischen verschiedenen Medien, Codierungsformen, Sinnesmodalitäten oder Interaktivitätsgraden ergeben, wurden zahlreiche Experimente dieser Art durchgeführt. Häufig war dabei die Erwartungshaltung der Forscher bezüglich der positiven Effekte der bevorzugten Vergleichsgruppe sehr hoch (vgl. Cuban, 1986; Mayer, 2005b). Die Befundlage fiel jedoch häufig uneinheitlich aus. Nachfolgend soll näher auf die einzelnen (pauschalen) Vergleiche eingegangen werden.
Vergleiche verschiedener Medien
Der Vergleich verschiedener Medien (z.B. Bücher und Computer) wird heutzutage nur noch selten vorgenommen. Richard E. Clark (1983, 1985, 1994) hat sich dabei besonders deutlich und frühzeitig gegen den Vergleich unterschiedlicher Medien aufgrund diverser Konfundierungen ausgesprochen. Seine Ansichten haben damals eine große Debatte zu Medienvergleichen ausgelöst (Kozma, 1994). In Clarks Artikeln wie "Media will never influence learning" (1994) wird häufig der 1983 von ihm vorgenommene Vergleich zitiert, dass Medien nichts anderes seien als (Informations-)Träger, die Instruktionen übermitteln, aber ihrerseits nicht die studentischen (Lern-)Leistungen beeinflussen, genauso wenig wie ein Lastwagen, der Lebensmittelgeschäfte beliefert, unsere Ernährung verändert:
"Media are mere vehicles that deliver instruction but do not influence student achievement any more than the truck that delivers our groceries causes changes in our nutrition" (Clark, R. E., 1983, S. 445)
Vergleiche verschiedener Kodierungsformen
Im Gegensatz zu den Medienvergleichen werden heute nach wie vor häufig verschiedene Kodierungsformen miteinander kontrastiert. Ein typischer pauschaler Vergleich ist der zwischen statischen und dynamischen Visualisierungen. In einer Metaanalyse (Höffler und Leutner, 2007) wird etwa eine prinzipielle Überlegenheit dynamischer Bilder postuliert. Auch neuere Publikationen widmen sich nach wie vor dem Vergleich zwischen Bildern und Animationen (z.B. Arguel und Jamet, 2009; Ayres, Marcus, Chan und Qian, 2009; Boucheix und Schneider, 2009; Wong et al., 2009). Auf die oben aufgeführten methodischen Probleme wird bei derartigen Vergleichen in der Literatur nur höchst selten Bezug genommen (vgl. z.B. Tversky et al., 2002).
Vergleiche verschiedener Sinnesmodalitäten
Im Hinblick auf den Vergleich verschiedener Sinnesmodalitäten verhält es sich ähnlich wie bei dem Vergleich verschiedener Medien; diese sind heutzutage kaum noch anzutreffen. In der Vergangenheit wurde häufig auf eine Arbeit von Treichler aus dem Jahr 1967 verwiesen, in der behauptet wird, dass man beim Hören 20% der Informationen aufnehme, beim Sehen 30%, durch deren Kombination 50% und mittels Sprechen, Hören und Sehen bereits 70% (siehe Abbildung 5). 90% der Informationen würde man behalten, wenn man eine Tätigkeit selbst vollziehe (vgl. hierzu Engelkamp, 1998; Steffens, Buchner und Wender, 2003). Während in der Fachliteratur darauf verwiesen wird, dass Treichler die Prozentwerte ohne Angabe einer Quelle aufführt und diese oder ähnliche Prozentangaben als "naive Summierungstheorie" zurückgewiesen werden (z.B. Weidenmann, 2002), sind sie in der populärwissenschaftlichen Literatur zum multimedialen Lernen nach wie vor häufig anzutreffen (z.B. Huwendiek, Muntau, Maier, Tönshoff und Sostmann, 2008).