Digitale Lernspiele
Angenommene Effekte
Während in der öffentlichen Diskussion zu Computerspielen besonders die negativen Auswirkungen durch diese Spiele hervorgehoben wurden, versuchen E-Learning Forscher und Praktiker, lernförderliche Elemente dieser Spiele für E-Learning Umgebungen nutzbar zu machen (z.B. Dickey, 2007; Kickmeier-Rust et al., 2006; Oblinger, 2004).
Positive Erwartungen
Durch den Einsatz von serious games erhofft man sich vornehmlich positive Effekte. So sollen digitale Lernspiele die Kreativität, das Engagement und die Motivation des Lernenden fördern (z.B. Kickmeier-Rust et al., 2006). Ein häufig beachteter Aspekt hierbei stellt das Flow-Erleben (Csikszentmihalyi, 1985) in Videospielen dar (z.B. Kinzie und Joseph, 2008; Weibel et al., 2008). Flow-Erleben bezeichnet einen Zustand des völligen Aufgehens in einer Tätigkeit (vgl hier). Dieser Zustand sollte idealerweise auch in E-Learning Spielen entstehen und zu einer freiwilligen und intensiven Beschäftigung mit den Lernmaterialien führen. Neben diesen motivationalen Aspekten werden auch in kognitiver Hinsicht Vorteile durch Videospiele vermutet. Einige Forscher nehmen etwa an, dass Spieler in Videospielen häufig mit herausfordernden Situationen und Hindernissen konfrontiert werden, die sie auf Basis ihres bisherigen Kenntnisstandes nicht bewältigen können (Blumberg, Rosenthal und Randall, 2008). Gerade solche Situationen würden zum Erwerb neuen Wissens und tieferer Einsichten beim Spieler führen (vgl. VanLehn, 1988) und sollten daher auch in serious games zum Einsatz kommen. Ebenso werden positive Effekte auf den Lernprozess durch das gemeinsame Erlernen von Inhalten in Spielumgebungen für mehrere Spieler vermutet (vgl. hierzu Hämäläinen et al., 2008).
Potentielle Probleme
Neben den zahlreichen positiven Erwartungen werden vereinzelt auch potentielle Probleme diskutiert, die bei Computerlernspielen auftreten können (z.B. Kickmeier-Rust et al., 2006). Ein zentrales Problem besteht etwa darin, die richtige Balance zwischen Unterhaltungs- und Lernelementen zu finden (z.B. Ciavarro, Dobson und Goodman, 2008; Kickmeier-Rust et al., 2006). Ebenso gilt es, das kontinuierliche Gleichgewicht zwischen herausfordernden Spielelementen und Fähigkeiten des Lernenden zu ermitteln (vgl. Orvis et al., 2008). Diese Herausforderung ist ebenfalls bei adaptiven Lernumgebungen sowie im Rahmen des Expertise-Umkehr-Effektes anzutreffen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass insbesondere Jungen pädagogische Spiele allgemein als uninteressant und langweilig wahrnehmen (Kinzie und Joseph, 2008). Zudem werden unterschiedliche Spiele von Jungen und Mädchen präferiert (z.B. Kinzie und Joseph, 2008; Klimmt, 2004). Spielelemente können außerdem von den zu vermittelnden Lerninhalten ablenken (vgl. Mangold, 2004).
Empirische Befundlage und Kritik
Uneinheitliche Befundlage
Die empirische Befundlage zu digitalen Lernspielen wird von einigen Forschern als uneinheitlich beschrieben (z.B. Gunter, Kenny und Vick, 2008; Ke, 2008). Zudem mangelt es derzeit noch an empirischen Untersuchungen, die digitale pädagogische Spiele eingehender untersucht haben (z.B. Kickmeier-Rust et al., 2006).
Hoher Aufwand bei der Erstellung
Neben den gemischten empirischen Ergebnissen zu Computerlernspielen hat sich vor allem der große zeitliche und finanzielle Aufwand bei der Erstellung komplexer, virtueller E-Learning Spiele als schwierig erwiesen (z.B. Karakus et al., 2008). Diese müssen graphisch und vom Spieldesign mit heutigen Computerspielen konkurrieren (Kickmeier-Rust et al., 2006). Der immense Aufwand erscheint aktuell nur durch große, kommerzielle Softwarespielfirmen, jedoch nicht oder nur sehr bedingt im universitären Kontext realisierbar.
Pauschale Vergleiche
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass auch bei digitalen Lernspielen ein (pauschaler) Vergleich zwischen Spielen und anderen Lernumgebungen ohne Spielelemente meines Erachtens wenig ergiebig ist. Aufgrund der zahlreichen Umsetzungsmöglichkeiten von E-Learning Spielen lassen sich die Befunde kaum verallgemeinern. Auch eine prototypische Kontrollbedingung wird man nicht vorfinden. Anstelle dieser pauschalen Vergleiche sollte vielmehr untersucht werden, wie Computerlernspiele möglichst lernförderlich zu gestalten sind. Erste Gestaltungsempfehlungen hierzu finden sich bei Ang, Avni und Zaphiris (2008).